Grundlagen: Was ist eine Put Option? (Teil 2)

Letzte Woche haben wir uns in der 2-teiligen Grundlagenserie die Call Option angeschaut. Mit Hilfe dieser Kaufoption haben wir ein fiktives Grundstück in Kalifornien erworben. Diese Woche geht es nun um die Verkaufsoptionen (Put Option), die unser Amazon-Investor als Hedge gegen Kursverluste erwirbt.

Beispiel: Hedging der Amazon Aktie

Investor I hält seit 2015 Amazon-Aktien. Die Aktie hat eine tolle Wertentwicklung hingelegt, ist um fast 300% gestiegen und hat zuletzt bei rund $ 1650 notiert:

Unser Investor I ist weiterhin von dem langfristigen Wachstumspotential des Unternehmens überzeugt. Allerdings befürchtet er, dass die Börse bald stärker korrigieren wird und möchte seine Buchgewinne schützen.

Der Investor I wird deshalb eine Put Option kaufen. Er hat dabei das Ziel, dass er mit der Option das Recht erwirbt, für ein Jahr die Aktie für den aktuellen Preis von $ 1650 zu verkaufen. Somit sichert er sich den aktuellen Kurs von $ 1650 als Verkaufspreis.

Warum verkauft er nicht einfach seine Aktien?

Eine berechtigte Frage wäre nun: Warum so kompliziert? Investor I könnte die Aktie ja auch direkt verkaufen und hat damit nicht den Aufwand ein Optionsgeschäft abzuschließen. Das ist natürlich eine Möglichkeit, allerdings ist unser Investor ja grundsätzlich von dem langfristigen Potential des Unternehmens überzeugt. Er möchte diese Verkaufsoption lediglich erwerben, um sich im Fall der Fälle gegen fallende Kurse abzusichern und seine Buchgewinne schützen. Sein Hauptziel ist aber das Unternehmen langfristig zu halten.

Put Option als Schutz gegen Kursverluste

Jedes Optionsgeschäft besteht aus einem Käufer und einem Verkäufer. Der Investor I muss sich nun auf die Suche nach einem Gegenpart für sein Optionsgeschäft machen (in der Realität macht das natürlich die Börse für uns). Er findet Stillhalter S, der bereit ist im Falle einer Optionsausübung von unserem Investor I die Amazon-Aktie innerhalb des nächsten Jahres für $ 1650 abzukaufen – und zwar unabhängig bei welchem Kurs die Aktie dann steht.

Unser Stillhalter S hat außerdem den aktuellen Kurs als fair bewertet und ist bereit die Aktien für diesen Preis zu übernehmen und langfristig zu halten. Dabei handelt es sich übrigens um die Cash-Secured Put Strategie.

Auswahl der Option

Der Investor I sichert sich also ein 1-jähriges Verkaufsrecht seiner Aktien für $ 1650. Dieses Recht hat aber seinen Preis. Werfen wir einen Blick in die Optionskette in der Trader-Workstation. Hier sehen wir, dass aktuell (Ende Januar 2019) eine 1650-er Verkaufsoption mit Laufzeit bis Januar 2020 ca. $ 175 pro Aktie kostet. In diesem Beispiel rechnen wir übrigens vereinfacht mit 1 Aktie pro Option, in der Realität sind es 100 Aktien pro Option.

Diese $ 175 sind die Optionsprämie, die vom Käufer an den Verkäufer der Option bei „Vertragsabschluss“ bezahlt werden muss.

Sollte nach einem Jahr der Investor I sein Verkaufsrecht ziehen, darf er seine Amazon-Aktien für $ 1650 verkaufen. Von diesem Verkaufspreis muss er aber noch die Kosten seiner Optionsprämie in Höhe von $ 175 abziehen. Somit beträgt sein Netto-Verkaufspreis  $ 1650 – $ 175 = $ 1475.

Wie der Preis einer Put-Option durch die griechischen Optionskennzahlen beeinflusst wird, erfahrt ihr in diesem Blogbeitrag.

Mögliche Szenarien nach 1 Jahr

Nach einem spannenden Jahr an der Börse kann es je nach Aktienpreis zu unterschiedlichen Szenarien kommen:

Szenario 1: Amazon-Aktie ist auf $ 2000 gestiegen

Unser Investor I freut sich. Seine langfristige Investitionsidee ist aufgegangen und die Amazon-Aktie ist noch einmal um 20% gestiegen und steht nun bei $ 2000. Wird er nun sein Optionsrecht in Anspruch nehmen und die Aktie für $ 1650 verkaufen? Natürlich nicht, denn er könnte seine Aktien zu einem höheren Preis direkt an der Börse verkaufen. Seine Verkaufsoption verfällt somit wertlos.

Investor I hat mit dem Optionsgeschäft einen Verlust gemacht, in Höhe der Optionsprämie von $ 175 pro Aktie – die weiteren Buchgewinne der Aktie selbst sind hier nicht berücksichtigt.

Stillhalter S hingegen muss die Amazon-Aktie nicht kaufen und kann deshalb die Optionsprämie in Höhe von $ 175 für sich als Gewinn verbuchen.

Szenario 2: Amazon-Aktie steht nach wie vor bei $ 1650

Die Amazon-Aktie hatte zwar innerhalb des Jahres einige Kursschwankungen, am Ende ist aber nicht viel passiert und sie steht weiterhin bei $ 1650. Unser Investor I wird nun sein Verkaufsrecht nicht ziehen, denn er wollte sich ja gegen Kursverluste unterhalb von $ 1650 schützen. Die Option verfällt also wieder wertlos.

Investor I hat trotzdem einen Verlust gemacht in Höhe der Optionsprämie von $ 175 pro Aktie, dafür war er aber auch ein Jahr gegen fallende Kurse geschützt.

Stillhalter S hingegen muss die Amazon-Aktie erneut nicht kaufen und kann deshalb die Optionsprämie in Höhe von $ 175 als Gewinn für sich verbuchen.

Szenario 3: Amazon-Aktie ist auf $ 1000 gefallen

Nach einem turbulenten Aktienjahr ist die Aktie deutlich gefallen und steht bei $ 1000. Jetzt wird Investor I seine Verkaufsoption ziehen und die Amazon-Aktien zum vereinbarten Preis von $ 1650 verkaufen und Stillhalter S übernimmt sie zu diesem Preis.

Unser Investor I hat somit einen „Gewinn“ von $ 1650 – $ 1000 = $ 650 erzielt (wer es genau nimmt: er hat diesen Verlust vermieden…). Davon muss er aber noch die Optionsprämie von $ 175 abziehen, so dass am Ende ein Gewinn von $ 650 – $ 175 = $ 475 übrig bleibt.

Unser Stillhalter S musste die Aktien zu einem Preis von $ 1650 übernehmen. Da die Aktie nun aber bei $ 1000 steht, hat er erst einmal (Buch)-Verluste in Höhe von $ 1650 – $ 1000 = $ 650 gemacht. Er hat aber in jedem Fall seine Optionsprämie erhalten, so dass sein „Verlust“ nur $ 650 – $ 175 = $ 475 beträgt.

Zusammenfassung

Bringen wir nun dieses fiktive Beispiel mit der theoretischen Definition zusammen:

Diese Vereinbarung zwischen Investor I (Käufer der Put Option) und Stillhalter S (Verkäufer der Put Option) beinhaltet das Recht…

» eine bestimmte Sache (Underlying) –> Amazon-Aktie

» zu einer bestimmten Menge (Kontraktgröße) –> 1 Aktie

» an einem bestimmten Termin (Verfallstag) –> 1 Jahr

» zu einem bestimmten Preis (Strike) –> $ 1650

» zu verkaufen (Put).

Für dieses Recht muss der Käufer (Investor I) der Option dem Verkäufer (Stillhalter S) eine Prämie (Optionspreis = $ 175 / Aktie) bezahlen.

Fazit

Mit Put Optionen können sich z.B. Investoren gegen Kursverluste schützen. Stillhalter versichern diese Kursrisiken und werden dafür mit der Optionsprämie bezahlt. Eine Möglichkeit als Stillhalter an der Börse zu agieren und Aktien zum Wunschpreis zu kaufen sind z.B. Cash-Secured Puts.

Anmerkung

Dieses Beispiel ist vereinfacht und auch die Gewinn- und Verlustrechnung lässt sich je nach Sichtweise anders interpretieren. Man kann beispielsweise argumentieren, dass unser Stillhalter S, der die Aktien für $ 1650 übernimmt, gar keinen Verlust durch die Aktien macht, da er ja langfristig von dem Unternehmen überzeugt ist und es am liebsten nie verkaufen möchte.

Bei Aktienoptionen werden zu 99% auch immer 100 Stück pro Option gehandelt und nicht wie in diesem Beispiel 1 Aktie. Zum einfacheren Verständnis haben wir aber hier die Kontraktgröße auf 1 Stück reduziert.

Hier geht’s zu Teil 1 – Was ist eine Call Option?

Mehr zur Put Option im Video:

 


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Maximilian Bothe

Maximilian Bothe ist hauptberuflicher Händler und Investor. Er ist CO-Founder der Optionsseite Eichhorn Coaching und Portfoliomanager der Vermögensverwaltung Bothe & Eichhorn Capital. Seine Schwerpunkte liegen in der Entwicklung und dem Backtesting von Handelsstrategien. In seinem Buch „Kaufst du noch oder schreibst du schon?“ hilft er Optionshändlern beim schnellen Einstieg in den profitablen Optionshandel. Außerdem veröffentlicht er regelmäßig Analysen und YouTube-Videos auf dem Eichhorn Coaching Kanal.