Volatilität handeln

Wie kann man die Volatilität handeln?

Die Volatilität ist aus unserer Sicht das beste Werkzeug, um die großen Bewegungen des Aktienmarktes besser zu verstehen. Betrachtet man nur die Preisbewegung des S&P 500 ist das Bild nicht vollständig, daher ist ein tiefes Verständnis für die Volatilität essentiell. Doch die Volatilität ist nicht nur ein hervorragendes Instrument, um die Aktienmärkte zu analysieren, man kann die Volatilität selbst auch handeln. In diesem Blogbeitrag zeigen wir euch verschiedene Methoden und Werkzeuge, wie Optionshändler und aktive Trader die Volatilität handeln können.

Volatilität handeln

Wiederholung: Was ist der Volatilitätsindex VIX?

Der Volatilitätsindex des S&P 500 (VIX) gibt die vom Markt erwartete Schwankungsintensität für den S&P 500 an. Der VIX wird anhand von Optionspreisen mit 30 Tagen Restlaufzeit auf den S&P 500 berechnet. Ein hoher Wert weist oft auf einen unruhigen (fallenden) Markt hin, während niedrigere Werte auf einen gesunden Bullenmarkt schließen lassen. Die Grenze zwischen „hoher und niedriger Volatilität“ kann man bei einem VIX-Stand von 20 festlegen.

Mehr über den VIX erfahren in diesem Blogbeitrag: VIX erfolgreich nutzen – Profitabler Einsatz des Volatilitätsindex

Im Folgenden seht ihr einen langfristigen Chart des VIX und man erkennt, dass dieser sich meist um einen Wert von 20 bewegt und in Ausnahmesituationen von Börsenkorrekturen deutlich ansteigt:

VIX Index

Drei Möglichkeiten, um die Volatilität zu handeln

Der VIX-Index ist nicht direkt handelbar, es gibt aber Futures, Optionen und auch ETNs auf den Volatilitätsindex.

Möglichkeit 1: Volatilität mit VIX Futures handeln

Es gibt verschiedene VIX-Future-Kontrakte, mit denen man die Volatilität handeln kann. Diese VIX-Futures haben jeden Monat einen Verfallstag (3. Dienstag im Monat) und im Normalfall sind die Folgekontrakte teurer als der aktuelle Frontkontrakt. Das nennt man „Contango“.

Im Chart ist eine Beispiel VIX-Terminstrukturkurve von vixcentral.com abgebildet. Der VIX-Index notiert hier bei 17,55, der erste VIX-Future mit Verfall im November bei 19,25, der nächste Future mit Verfall Dezember bei 21,30 usw.

VIX Terminkurve

Eine Erklärung der VIX-Terminstrukturkurve findet ihr auch in diesem Video.

Möchte man die Volatilität nutzen, um das eigene Depot zu hedgen, kann man die Volatilität „long“ handeln, in dem man z.B. den ersten oder zweiten VIX-Future kauft. Steigt die Volatilität an, dann steigt auch der Preis der Futures an. In einem Aktiencrash steigen die vorderen VIX-Futures stärker an als die mit langer Laufzeit und wechselt die Terminstrukturve von Contango in Backwardation kann man gute Profite erzielen.

Im Chart seht ihr diesen Wechsel von einer Contango-Situation (blaue Linie) in eine Backwardation (schwarze Linie). Die VIX-Futures mit wenig Restlaufzeit steigen deutlich stärker an als die „hinteren“ Kontrakte und wenn man durch Kauf der vorderen Futures die Volatilität handelt sind somit gute Gewinne möglich.

Volatilität Backwardation

Hat man beispielsweise den VIX-Future für 19,25 gekauft und dieser steigt in einem Aktiencrash auf 40 an, beträgt der Gewinn (40-19,25) = 20,75 * 1.000 (Multiplikator) = $ 20.750.

Der Nachteil dabei, wenn man die Volatilität mit VIX-Futures long handelt: Am Ende der Laufzeit (Verfallstag) entspricht der Preis des vordersten VIX-Futures dem VIX-Index, und beide Werte nähern sich zum Ende der Restlaufzeit immer stärker an. Beispiel: Man kauft den vordersten Kontrakt (November) aus der Beispiel VIX-Terminkurve zu einem Wert von 19,250 und am Ende der Laufzeit fällt dieser VIX-Future auf den Wert des VIX-Index, der bei 17,55 notiert. Angenommen der VIX-Index bewegt sich bis zum Verfall des Futures nicht mehr und bleibt bei 17,55, bedeutet dies einen Verlust von (17,55 – 19,25) = – 1,7 * 1000 (Multiplikator) = – $1.700.

VIX Terminkurve

Die VIX-Futures handeln wir so gut wie nie direkt, da hier das Timing sehr gut sitzen muss. Als Optionshändler gibt es aber eine weitere Möglichkeit die Volatilität zu traden und zwar mit VIX-Optionen.

Möglichkeit 2: Volatilität handeln mit VIX-Optionen

Steigende und fallende Volatilität kann man nutzen, indem man die VIX-Futures long oder short geht. Alternativ kann man auch VIX-Optionen handeln. Dabei gibt es die Besonderheit, dass es sich zwar um VIX-Optionen handelt, die Preisbildung dieser Optionen beruht aber auf den VIX-Futures.

Möchte man beispielsweise einen 40er Short Call mit der Laufzeit April verkaufen, dann bezieht sich der Preis auf den April-Future, der bei 27,62 notiert und nicht auf den VIX-Index der bei 30,71 steht.

Backwardation Short Call

Umgekehrt ist es auch möglich Put-Optionen zu handeln und das ist auch unsere bevorzugte Methode die Volatilität mit VIX-Optionen zu nutzen. Aktuell (Februar 2022) ist die Volatilität bei einem VIX-Index von 31 zu hoch für diesen Ansatz, fällt sie aber unter einen Wert unter 20 verkaufen wir wieder regelmäßig Put-Optionen. Ein Trade-Beispiel dazu findet ihr in diesem Video.

Alternativ zu den VIX-Futures und Optionen kann man die Volatilität aber auch mit einem weiteren interessanten Underlying handeln, dem VXX.

Möglichkeit 3: Volatilität handeln mit dem VXX

Die VIX-Terminkurve bewegt sich die meiste Zeit in Contango, d.h. die vorderen Kontrakte sind günstiger als die länger laufenden. Warum? Was ist wahrscheinlicher: Eine größere erwartete Kursschwankung in den nächsten 6 Monaten oder in den nächsten 30 Tagen? In normalen Marktumfeldern ganz klar: Diese Schwankung wird eher in den länger laufenden Kontrakten erwartet.

Und hier kommt der VXX ins Spiel, denn dieser geht die ersten beiden VIX-Futures immer long und versucht eine durchschnittliche Laufzeit von 30 Tagen abzubilden. Jetzt gibt es aber nicht den einen VIX-Future, der noch genau 30 Tage läuft. Daher kauft und verkauft der VXX ständig die ersten beiden VIX-Futures um im Mittel diese 30 Tage abzubilden.

Mehr zum VXX findet ihr auch in diesem Blogbeitrag: Mach‘s gut VXX – Teil I

Da der erste Kontrakt in den meisten Fällen günstiger ist als der zweite entstehen durch diese Vorgehensweise ständige Rollverluste, da man günstig verkaufen und teuer wieder einkaufen muss.

Das hat zur Auswirkung, dass der VXX aufgrund dieser Rollverluste langfristig fällt. Im Chart seht ihr, dass der VXX im Jahr 2010 bei einem Wert von $ 480.000 gestartet ist und mittlerweile bei ca. $ 23 steht.

Volatilität handeln VXX langfristig

Nun drängt sich direkt eine Handelsidee auf: Wenn der VXX aufgrund dieser Rollverluste fällt, dann kann man diesen doch shorten. Wir persönlich sind keine Fans von dieser Vorgehensweise und werden das ausführlich in einem separaten Blogbeitrag erklären.

Um die Volatilität mit dem VXX zu traden, kann man diesen wie eine Aktie kaufen oder auch short handeln. Hier gibt es eine Besonderheit, denn aufgrund einer EU-Regulierung ist es in privaten Depots nicht möglich, dieses Underlying zu handeln, einen Ausweg bieten aber sehr liquide CfDs.

Alternativ kann man die Volatilität auch mit VXX-Optionen handeln, die sehr liquide sind und wöchentliche Verfalltermine bieten. Wir haben gesehen, dass der VXX langfristig fällt und davon kann man beispielsweise mit dem Handel von Bear Call Spreads profitieren.  Aktuell steht der VXX bei $ 23,45 und ein möglicher Bear Call Spread besteht aus einem 28er Short Call und 33er Long Call mit einer Restlaufzeit von 17 Tagen. Dieser Trade bringt eine Stillhalterprämie von $ 62 ein. Notiert am Ende der Laufzeit der VXX unter 28, darf diese Prämie vollständig als Gewinn behalten werden. Steigt der VXX aber deutlich an und notiert am Ende der Laufzeit über 33, beträgt der maximale Verlust $ 440.

Bear Call Spread VXX

Zum Zeitpunkt dieses Blogbeitrags steht der VIX selbst auch sehr hoch bei einem Wert von ca. 28. Der Trade hat somit zwei Vorteile: Erstens wird mittelfristig die Volatilität fallen und zu ihrem Mittelwert von 20 zurückkehren, es ist nur eine Frage der Zeit. Zweitens profitiert der VXX langfristig von den beschriebenen Rollverlusten. Das Risiko liegt daher in einem kurzfristigen Volatilitätsanstieg, das Risiko ist aber durch die Long-Option begrenzt.

Volatilität handeln Crash Ukraine

Der Verkauf von Bear Call Spreads ist eine unserer bevorzugten Methoden, um die Volatilität zu handeln. Nun könnte man aber denken, dass aufgrund der langfristig fallenden Entwicklung des VXX auch der Verkauf von nackten Call-Optionen eine gute Alternative ist, da man letztendlich eine deutlich höhere Optionsprämie dabei verdienen kann. Warum uns diese Vorgehensweise nicht gefällt, werden wir in einem der nächsten Blogbeiträge ausführlich beschreiben.

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Fazit

Es gibt nicht den einen Weg die Volatilität zu handeln, sondern verschiedene Methoden: Direkter Handel der VIX-Futures, Trading der entsprechenden VIX-Optionen oder auch ein Derivat wie der VXX bietet verschiedene Vorteile. Unsere bevorzugten Instrumente sind dabei die VIX- und VXX-Optionen, allerdings setzen wir solche Trades immer in Abhängigkeit von der aktuellen Marktphase um und handeln nur risikobegrenzte Optionstrades wie beispielsweise Bear Call Spreads.

Häufige Fragen zur Volatilität

Was ist die Volatilität?

Die Volatilität gibt die vom Markt erwartete Schwankungsbreite an. In der Regel wird sie mit dem VIX-Index gemessen, wobei ein hoher Wert auf unruhige Märkte hinweist, niedrige Werte hingegen auf einen Bullenmarkt schließen lassen.

Wie kann man die Volatilität handeln?

Die Volatilität kann man mit VIX-Futures, VIX-Optionen oder auch Derivaten wie dem VXX handeln. Wir handeln dabei bevorzugt risikobegrenzte Spread-Trades wie Bear Call Spreads auf den VXX.

Ist eine hohe Volatilität gut?

Eine hohe Volatilität ist hervorragend geeignet, um beispielsweise Cash Secured Puts auf Qualitätsaktien zu verkaufen oder von einer fallenden Volatilität mit dem Handel von Bear Call Spreads zu profitieren.

Was ist eine gute Volatilität?

Die Volatilität sollte man nur bei hoher Volatilität shorten. Dazu sollte die Volatilität aber mindestens bei 20, besser noch bei einem VIX-Index von 30 stehen.

 

Maximilian Bothe

AUTOR

Maximilian Bothe ist hauptberuflicher Händler und Investor. Er ist CO-Founder der Optionsseite Eichhorn Coaching und  Portfoliomanager der Vermögensverwaltung Bothe & Eichhorn Capital. Seine Schwerpunkte liegen in der Entwicklung und dem Backtesting von Handelsstrategien. In seinem Buch „Kaufst du noch oder schreibst du schon?“ hilft er Optionshändlern beim schnellen Einstieg in den profitablen Optionshandel. Außerdem veröffentlicht er regelmäßig Analysen und YouTube-Videos auf dem Eichhorn Coaching Kanal.


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Maximilian Bothe

Maximilian Bothe ist hauptberuflicher Händler und Investor. Er ist CO-Founder der Optionsseite Eichhorn Coaching und Portfoliomanager der Vermögensverwaltung Bothe & Eichhorn Capital. Seine Schwerpunkte liegen in der Entwicklung und dem Backtesting von Handelsstrategien. In seinem Buch „Kaufst du noch oder schreibst du schon?“ hilft er Optionshändlern beim schnellen Einstieg in den profitablen Optionshandel. Außerdem veröffentlicht er regelmäßig Analysen und YouTube-Videos auf dem Eichhorn Coaching Kanal.