Eine Vermögenssteuer, die Besitztümer von Privatpersonen besteuert, war in Deutschland bis Ende der 90er Jahre üblich. Eine Rückkehr der seither ausgesetzten Steuer ist in Zukunft durchaus möglich. Wir erklären, wie die Chancen für eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer stehen und was dies für Investoren, Trader und die Gesamtbevölkerung bedeuten könnte.
Vermögenssteuer einfach erklärt
Eine Vermögenssteuer ist eine steuerliche Abgabe, die vom Gesamtvermögen einer Person berechnet wird. Was zum Gesamtvermögen zählt, ist immer ein wenig von der jeweiligen Definition und eventuellen Ausnahmen abhängig; generell werden aber Kapital auf dem Konto, Immobilien und andere Sachwerte (zum Beispiel Kunst), Wertpapiere und sonstige Investments sowie eigene Unternehmen dazugezählt. Von diesen Werten zieht man vorhandene Schulden ab. Vom Ergebnis, auch “Reinvermögen” genannt, wird die Vermögenssteuer berechnet.
Die Vermögenssteuer zählt, wie zum Beispiel die Hundesteuer oder Kfz-Steuer, zu den vermögensbezogenen Steuern. Diese Abgaben werden berechnet, weil eine Sache (in diesem Fall das Vermögen) existiert; es spielt dabei keine Rolle, ob und wie wir die jeweilige Sache einsetzen – die Steuer wird in jedem Fall erhoben.
Damit stehen die vermögensbezogenen Steuern im Kontrast zu Abgaben wie der Mehrwertsteuer oder der Einkommensteuer, die nur dann anfallen, wenn die jeweilige Sache auch tatsächlich eingesetzt wird (zum Beispiel Waren und Dienstleistungen ein- oder verkauft werden).
Auch bei der Vermögenssteuer gilt das Nonaffektationsprinzip: Wer eine Steuer entrichtet, hat dadurch nicht das Recht auf eine konkrete Gegenleistung. Das Zahlen einer Vermögenssteuer ist in Deutschland also nicht etwa mit Privilegien oder sonstigen Leistungen durch den Staat an den oder die Steuerzahler verbunden.
Grund hierfür ist unter anderem die Verwendung von Vermögenssteuer und anderen Abgaben: Sie werden nicht zweckgebunden eingesetzt (abgesehen von seltenen Ausnahmefällen) und fließen stattdessen gemeinsam mit anderen Steuern in die deutsche Staatskasse. Die Beiträge der Hundesteuer dienen also nicht speziell der Beseitigung von Hunde-Hinterlassenschaften, die Kfz-Steuer nicht dem Erhalt der Straßen und die Vermögenssteuer nicht etwa der Beseitigung von Armut und finanzieller Ungleichheit. Stattdessen werden all diese Aufgaben aus dem Vermögen der Bundesrepublik insgesamt finanziert, welches durch sämtliche Steuern befüllt wird.
So entstand die Vermögenssteuer in Deutschland
Die Idee, Menschen mit einem großen Vermögen verstärkt zu besteuern, ist keineswegs neu: Schon im antiken Griechenland und später auch im Römischen Reich wurden Vermögenssteuern erhoben. Die Einnahmen zog man hauptsächlich für den Unterhalt des Militärs und Staatsapparats heran – Ideen, wie die faire Verteilung von Reichtum, waren damals hingegen weitgehend unbekannt.
Auch über das gesamte Mittelalter finden sich immer wieder Vermögenssteuern, die jedoch häufig nur auf den Grundbesitz berechnet wurden und damit eher der heutigen Grundsteuer entsprechen. Aber auch die zweckgebundenen Abgaben wie der “Türkenpfennig” (Steuer zur Finanzierung der Abwehr des osmanischen Reichs) sind in dieser Zeit reichlich vertreten. Erst 1893 wurde eine einheitliche und allgemeine Vermögenssteuer, die sich auf das Gesamtvermögen bezog, im deutschen Kaiserreich eingeführt.
Während der Zeit der Weimarer Republik und des Dritten Reichs bestand die Vermögenssteuer in verschiedenen Formen, mit nur wenigen Unterbrechungen, fort. Sie wurde auch in der Bundesrepublik beibehalten und in einem Vermögensteuergesetz 1952 festgeschrieben, welches 1974 durch das noch heute gültige Gesetz ersetzt wurde. Auch der Artikel 106 des Grundgesetzes sieht eine Vermögenssteuer ausdrücklich vor.
1995 kam das Bundesverfassungsgericht jedoch zu dem Schluss, dass die Vermögenssteuer in der damaligen Form nicht mit der Verfassung vereinbar sei. Grund war vor allem die Ungleichbehandlung von Immobilienbesitz: Zum damaligen Zeitpunkt war Immobilienvermögen besser gestellt als andere Arten von Vermögen.
Anstatt eine Anpassung vorzunehmen, entschied man sich, die ohnehin ungeliebte Steuer vorerst nicht mehr zu erheben: 1996 wurde die Vermögenssteuer zum letzten Mal eingezogen, 1997 dann ausgesetzt. Seither wurde keine Vermögenssteuer in Deutschland mehr berechnet. Die Wiedereinführung wird von mehreren Parteien angestrebt und, laut repräsentativer Umfragen, von mehr als 70 % der Deutschen befürwortet.
Vermögenssteuer Deutschland: Das wollen die unterschiedlichen Parteien
Dass die Meinungen zur Vermögenssteuer weit auseinandergehen, zeigt sich auch in der politischen Landschaft. Derzeit wollen drei der im Bundestag vertretenen Parteien die Vermögenssteuer in Deutschland wieder einführen. Ihre konkreten Pläne und Vorstellungen unterscheiden sich jedoch.
Die verbleibenden drei Parteien möchten die Vermögenssteuer hingegen weiterhin ausgesetzt lassen oder ganz abschaffen. Auch hier unterscheiden sich die Beweggründe und weiteren Pläne deutlich. So sehen die Meinungen der Parteien zur Vermögenssteuer im Detail aus:
SPD:
Die SPD befürwortet eine Vermögenssteuer von bis zu einem Prozent und möchte diese in Deutschland wieder einführen. Dabei setzt die Partei um Bundeskanzler Olaf Scholz aber auf eine Reihe von Freibeträgen und Erleichterungen und spricht generell von einem “maßvollen Einsatz”. So soll sichergestellt werden, dass die Vermögenssteuer in erster Linie sehr reiche Personen trifft. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen möchte man vor einer Zusatzbelastung bewahren.
Es sollen hohe Freibeträge für Einzelpersonen und Paare gelten. Die genauen Summen wurden bisher nicht bekannt gegeben, es wird jedoch von 2 Millionen Euro pro Person ausgegangen. Auch eventuell vorhandenes Betriebsvermögen wird durch Sonderregelungen weitgehend geschont. Fast vollständig ausgenommen wird außerdem das Altersvorsorgevermögen, zum Beispiel in Form einer privaten Rentenversicherung.
Bei der Umsetzung möchte man die Banken einbinden und durch eine Meldepflicht die zu versteuernden Vermögen zuverlässig entdecken. Dabei wird auch Besitz im Ausland unter die Vermögenssteuer in Deutschland fallen. Zur Vermeidung einer mehrfachen Belastung greifen hier jedoch Doppelbesteuerungsabkommen. Das bekannte Problem der Vermögenssteuer – der große Aufwand für die korrekte Erfassung von Vermögensgegenständen – soll durch eine “verkehrsnahe Bewertung”, wie sie etwa im Erbrecht zum Einsatz kommt, erfolgen.
Bündnis 90/Die Grünen:
Auch die Grünen sind für eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer in Deutschland. Ihre Pläne sind jedoch bisher weit weniger konkret als die des Regierungspartners SPD. Derzeit ist nur folgende Forderung im Programm der Partei zu finden:
“Wenn die Corona-Krise vorbei ist, wollen wir für die Länder eine neue Vermögenssteuer einführen. Die Vermögenssteuer soll erst ab hohen Vermögen von mehr als 2 Millionen Euro pro Person greifen und jährlich 1 % betragen. Um Unternehmen damit nicht zu überfordern, wollen wir Begünstigungen für Betriebsvermögen im gebotenen Umfang einführen und zugleich Investitionsanreize schaffen.” Quelle: Webseite der Grünen, Thema “Steuern”.
DIE LINKE:
Als dritte im Bundestag vertretene Partei, verlangt auch die Linke eine Vermögenssteuer. Die Forderungen sind hier schon etwas konkreter formuliert, beschränken sich aber ebenfalls auf zwei Absätze aus dem Parteiprogramm:
“Millionäre besteuern: Wir wollen Vermögen (abzüglich Schulden) oberhalb von 1 Millionen Euro mit 1 Prozent besteuern. Bis zu einem Nettovermögen von 50 Millionen steigt der Satz auf 5 Prozent an. Für Betriebsvermögen gelten Freibeträge von mindestens 5 Millionen Euro.”
“Einmalige Vermögensabgabe zur gerechten Verteilung der Krisenlasten. Diese soll für Nettovermögen über 2 Millionen Euro (für Betriebsvermögen sind 5 Millionen Euro Freibetrag) erhoben werden und kann in Raten über 20 Jahre abgezahlt werden. Die geschätzten Einnahmen liegen bei 310 Milliarden Euro.” Quelle: Webseite DIE LINKE, Themenseite Steuern.
Damit vertritt die Partei, die derzeit nicht an der Regierung beteiligt ist, eine deutlich höhere Belastung durch die Vermögenssteuer und geringere Freibeträge für Einzelpersonen.
FDP:
Die FDP ist nicht nur gegen eine Wiedereinführung der ausgesetzten Vermögenssteuer; sie möchte diese sogar gänzlich entfernen und spricht in diesem Zusammenhang von “Enteignung”. Als Regierungspartei ist die FDP für die Nichteinführung der Vermögenssteuer verantwortlich. Die beiden Koalitionspartner SPD und die Grünen sind für eine Vermögenssteuer in Deutschland, haben jedoch im Zuge der Koalitionsverhandlungen zugestimmt, ihre Pläne vorerst zu pausieren.
CDU/CSU:
Die Unionsparteien lehnen eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer ab. Sie begründen diese Entscheidung mit den hohen Kosten und Aufwand, die beim Eintreiben der Steuer entstehen würden. Daher würde sich eine Vermögenssteuer in Deutschland nicht lohnen. In Anbetracht der prognostizierten Einnahmen zwischen 10 und über 100 Milliarden Euro pro Jahr (je nach Ausgestaltung der Vermögenssteuer), darf diese Aussage allerdings bezweifelt werden.
AFD:
Die AFD möchte die Vermögenssteuer, genauso wie die Erbschafts- und einige andere Steuern, vollständig abschaffen. Zu den genauen Gründen bzw. Zielen sind keine genauen Informationen zu erhalten. Die Forderungen scheinen in erster Linie dem Wählerfang zu dienen.
Vor- und Nachteile der Vermögenssteuer
Die mögliche Wiedereinführung einer Vermögenssteuer ist ein viel diskutiertes Thema. Tatsächlich gibt es eine Fülle von Pro- und Kontra-Argumenten, die in Sachen Vermögenssteuer ins Feld geführt werden können.
Das spricht für eine Vermögenssteuer
- Die Steuerpolitik der Bundesrepublik fußt auf dem Ideal, dass jeder Bundesbürger und jede Bundesbürgerin entsprechend ihrer ökonomischen Leistungsfähigkeit belastet wird und dem Staat so erlaubt, seinen Aufgaben nachzukommen. Die “starken Schultern” sollen also einen größeren Teil der Last tragen. Mit einer Vermögenssteuer wird genau diesem Grundsatz nachgekommen.
- Die Mehrheit der Deutschen möchte eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer. 76 Prozent gaben bei einer Befragung im Herbst 2022 an, eine Vermögenssteuer in Deutschland zu begrüßen. Sogar Befragungen unter vermögenden Personen selbst zeigen immer wieder eine Mehrheit, die sich für eine Vermögenssteuer ausspricht.
- Da sich die überwältigende Mehrheit der Deutschen, inklusive der betroffenen Personen, für eine Vermögenssteuer ausspricht, ist die Gefahr der vermuteten “Abwanderung von Millionären” wohl eher gering.
- Aufhebung einer Ungleichbehandlung. Nach Artikel 3, Abs. 1 des Grundgesetzes muss “Wesentlich Gleiches gleichbehandelt werden, wesentlich Ungleiches ungleich”. Ungleiches (zum Beispiel eine ungleiche Verteilung von Vermögen) muss also zwingend auch ungleich behandelt werden. Durch eine Vermögenssteuer wird die ungleiche Belastung der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger verringert.
- Die Einnahmen aus einer Vermögenssteuer kommen dem Staat zugute und helfen ihm, seine Aufgaben zu erfüllen. Das Kapital kann zum Beispiel in die Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen oder die Armutsbekämpfung investiert werden und so einen Beitrag leisten, der eventuelle Schäden aus einer Vermögenssteuer bei weitem aufwiegt.
- Vermögende Personen wurden in den letzten Jahren stark entlastet. Zur Aussetzung der Vermögenssteuer Mitte der Neunziger Jahre lag der Spitzensteuersatz noch bei 53 Prozent plus Solidaritätszuschlag. Heute ist er auf 45 % für sehr hohe Einkommen (über 270.000 Euro) gesunken. Durch die Vermögenssteuer könnte diese Entlastung teilweise zurückgenommen und die anhaltende Ungleichheit bei der Besteuerung verringert werden.
- Eine Vermögenssteuer kann “Steuerschlupflöcher” stopfen. Insbesondere Schenkungen und Erbschaften werden genutzt, um dem Fiskus dringend benötigte Einnahmen zu entziehen. Durch eine Vermögenssteuer können große Vermögen unabhängig von der “Weitergabe” an Kinder, Partner etc. besteuert werden.
- Die Konzentration von Reichtum wird durch die Vermögenssteuer verlangsamt. Liegt ein zu großes Vermögen in den Händen einzelner, leidet die Allgemeinheit in unterschiedlicher Form. Reichtumskonzentration wird direkt für zunehmende Armut in anderen Bevölkerungsschichten verantwortlich gemacht (das Geld “fehlt an anderer Stelle”). Auch eine politische Einflussnahme über Lobbyarbeit oder mediale Beeinflussung ist möglich und widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz.
- Ökonomische Ungleichheit wird reduziert. Eine solche Ungleichheit ist nachweisbarer Auslöser für sozialen Unfrieden, begünstigt gefährliche und gewalttätige Strömungen und kann in Extremfällen zur Gefahr für den sozialen Frieden im Land werden.
- Die Belastung durch eine Vermögenssteuer in Deutschland würde deutlich geringer ausfallen, als dies oft behauptet wird. Verschiedene Studien kommen zu dem Ergebnis, dass etwa eine hohe Einkommenssteuer deutlich destruktiver wirkt, da sie die Durchlässigkeit der einzelnen Vermögensschichten stark limitiert.
- Durch die Einführung einer Vermögenssteuer könnten Reduktionen anderer, für die Wirtschaft besonders schädliche Steuern, wie der Einkommenssteuer, finanziert werden.
- Zwar wird immer wieder gerne die Behauptung “Deutschland ist ein Hochsteuerland” zitiert; in der Praxis ist die steuerliche Belastung für Reiche in der Bundesrepublik aber, für eine Industrienation, vergleichsweise gering. Durch eine Vermögenssteuer könnte die Steuerbelastung auf ein international übliches Niveau angehoben werden.
- Die Vermögenssteuer kann Investitionen fördern. Eine Vermögenssteuer würde in Deutschland auch dann erhoben, wenn das zu versteuernde Kapital keine Gewinne erwirtschaftet. Vermögende Personen wären daher angehalten, ihren Reichtum gewinnbringend zu investieren. “Totes Kapital”, das keine Rendite erzeugt, würde durch die Steuerbelastung verringert und Investitionen in Unternehmen und Co. würden deutlich attraktiver und das Investitionsklima in Deutschland verbessern.
- Vermögenssteuern und -Abgaben können dazu beitragen, die gewaltigen Schäden der Corona-Krise zu beheben. Besonders in dieser schwierigen Phase der jüngeren Geschichte konnten vermögende Menschen ihren Reichtum überproportional vermehren, während die unteren Einkommensschichten den Großteil des Schadens tragen mussten.
Das spricht gegen eine Vermögenssteuer
- Eine Vermögenssteuer ist mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden. Während nämlich Aktien, Finanzprodukte und ähnliche Investitionen verhältnismäßig einfach zu ermitteln sind, wird die korrekte Wertbestimmung bei Immobilien, Sachwerten und Co. schon deutlich schwieriger. Da ein Vermögen in der Regel aus einem Mix verschiedener Anlageklassen und Werte besteht, ist die Errechnung der Vermögenssteuer im Einzelfall enorm aufwendig.
- Die zentrale Frage, was unter das zu besteuernde Vermögen fallen sollte, ist besonders schwer zu beantworten. Bei einer sehr groben Sichtweise könnten die Betroffenen problemlos Wege finden, ihr Vermögen in schwer zu erfassende Besitztümer zu überführen. Die Vermögenssteuer wäre dann sehr ineffektiv. Bei einer granularen Auslegung müssten die Finanzbeamtinnen und Beamten hingegen sehr tief in die Privatsphäre der vermögenden Personen eindringen, um eine realistische Bemessungsgrundlage zu ermitteln.
- Eines der hauptsächlichen Ziele einer Vermögenssteuer ist die Besteuerung von Kapitalerträgen. Gerade in dieser Hinsicht ist die Vermögenssteuer jedoch vergleichsweise ineffektiv. Mit einer Veränderung der Kapitalertragssteuer oder der Einkommenssteuer stünden wesentlich bessere Methoden zur Verfügung.
- Ausländische Investoren legen mehr als 800 Milliarden Euro pro Jahr in Deutschland an. Durch eine Vermögenssteuer würde zumindest ein Teil der Direktinvestitionen zu einer Steuerbelastung für die Geldgeber führen und diese Investitionen dadurch gefährden.
- Durch die Vermögenssteuer können finanzielle Schäden entstehen, die die Mehreinnahmen teilweise aufbrauchen. Eine Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie simulierte dazu mögliche Effekte auf Wachstum, Beschäftigung, Investitionen und öffentliche Haushalte. Das Ergebnis zeigt: Eine Vermögenssteuer in Deutschland könnte für erhebliche Kosten sorgen und so nur begrenzte Wirksamkeit haben. Für die Studie wurde allerdings angenommen, dass die Mehreinnahmen in die Staatskasse fließen und keine neuen Investitionen und Anreize mit dem Kapital geschaffen würden.
- Eine Vermögenssteuer kann zur Abwanderung von Kapital führen. Unternehmen können ihr Geschäft ins Ausland verlagern, Privatpersonen ihren Wohnsitz in ein Land verlegen, das bessere steuerliche Rahmenbedingungen bietet. Dass eine Vermögenssteuer zu einer solchen Abwanderung führen kann, zeigt sich an mehreren Beispielen aus der jüngeren Geschichte (zum Beispiel in Frankreich).
- Eine Abwanderung von Firmen und vermögenden Privatpersonen gefährdet Arbeitsplätze. Bei einer Verlagerung ins Ausland aufgrund einer Vermögenssteuer werden auch die Arbeitsplätze verlegt. Mitarbeiter, die mit den Unternehmen ebenfalls ins Ausland abwandern, sorgen dann für einen weiteren Rückgang der Steuereinnahmen.
- Die Vermögenssteuer kann eine ungerechte Doppelbelastung darstellen, da das zu versteuernde Vermögen bereits von der Einkommenssteuer teilweise erfasst wird.
- Vermögenswerte, die keine Rendite erzeugen, werden durch eine Vermögenssteuer zur finanziellen Belastung für die besitzenden Personen. Dadurch werden Anreize geschaffen, nur noch in Werte zu investieren, die Gewinne bringen. Kunst, Sammlungen und andere Leidenschaften ohne Gewinnabsicht werden hingegen bestraft.
Vermögenssteuer ab welchem Betrag: So könnte eine Vermögenssteuer konkret aussehen
Das derzeit noch gültige, aber außer Kraft gesetzte, Vermögenssteuergesetz gibt uns Einblicke in die Funktionsweise und zeigt mögliche Szenarien für eine Wiedereinführung. Im Kombination mit den Aussagen der befürwortenden Parteien können wir daher ein ungefähres Szenario für die Vermögenssteuer entwerfen. Ab welchem Betrag könnte sie gelten, wie hoch wird sie ausfallen etc.
- Die diskutierten Freibeträge dürften bei 2 Millionen Euro pro Person (4 Millionen Euro für Partnerschaften) liegen
- Als weiterer Freibetrag dürften 1 Million Euro pro Kind hinzukommen
- Die Vermögenssteuer wird vermutlich, je nach Höhe des Vermögens, zwischen 0,5 und 1,5 Prozent liegen
- Vermögen in Form von Betrieben wird ganz von der Vermögenssteuer ausgenommen sein oder zumindest durch Freibeträge und Sonderregelungen geschont
- Die Immobilie, in der die betroffene Person/Familie tatsächlich wohnt, wird wohl ebenfalls von der Steuer befreit.
Vermögenssteuer vermeiden
Obwohl die (Wieder-)Einführung der Vermögenssteuer in Deutschland in den nächsten Monaten als sehr unwahrscheinlich eingeschätzt werden kann, ist es sinnvoll, sich über den Ernstfall Gedanken zu machen: Wie können vermögende Personen die Belastung durch eine Vermögenssteuer umgehen oder verringern?
Wichtig bei der Betrachtung der Vermögenssteuer ist, ab welchem Betrag sie greift: Je höher die Freibeträge tatsächlich ausfallen, desto größere Summen können unbeschadet am Fiskus vorbeigeführt werden. Die meisten Szenarien sehen dabei zusätzliche Freibeträge für jedes Kind vor. Durch Schenkungen können diese voll ausgenutzt werden.
Da eine Vermögenssteuer hohe Freibeträge für betriebliches Vermögen enthalten dürfte, ist auch die Gründung oder Erweiterung eines eigenen Unternehmens eine sinnvolle Möglichkeit zur Verringerung der Steuerbelastung. Sie kann mit Schenkungen an Familienmitgliedern kombiniert werden, um eine maximale Reduktion zu erreichen.
Eine weitere Möglichkeit ist das Überführen von Kapital in Formen, die der Staat als “schonungswürdig” betrachtet. Dazu kann zum Beispiel die Gründung einer Stiftung zählen. Nach zehn Jahren ist das Geld, das in eine solche Stiftung überführt wurde, auch vor externen Zugriffen wie der Vermögenssteuer sicher. Außerdem bieten sich Investments an, die für den Staat nicht als „Vermögen“ gelten, wie zum Beispiel Weininvestments.
Fazit
Für und gegen die Vermögenssteuer gibt es eine Fülle von Argumenten – und sie werden in hitzigen Diskussionen auch immer wieder eingesetzt! Kommt die Vermögenssteuer zurück? Ab welchem Betrag? Und wenn es eine Vermögenssteuer gibt, wie hoch fällt sie aus? Auf keine dieser Fragen gibt es bisher eine zuverlässige Antwort.
Die derzeitige Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag Steuererhöhungen ausgeschlossen. In Kombination mit der strikten Blockadehaltung der FDP erscheint eine Vermögenssteuer in Deutschland in den nächsten Jahren daher als äußerst unwahrscheinlich. Sie ist jedoch theoretisch nicht unmöglich, denn durch eine gleichzeitige Verringerung anderer Steuerbelastungen wäre eine Einführung denkbar, ohne dass es zu Steuererhöhungen kommt.
Ob und wann es zu einer Vermögenssteuer in Deutschland kommt, ist besonders von politischen Stimmungen abhängig. Die extrem starke und stetig zunehmende Differenz zwischen Armut und Reichtum in der Bundesrepublik legt jedoch nahe, dass es früher oder später zu Umschichtungsmaßnahmen kommen muss, wenn das sozialstaatliche Gefüge erhalten bleiben soll. Betroffene Personen sollten das Thema Vermögensschutz nicht ignorieren und rechtzeitig über passende Maßnahmen nachdenken. Verschiedene Vorgehensweisen, wie etwa die Gründung einer Stiftung oder das Auslagern in Betriebsvermögen, sind zum Beispiel nicht “über Nacht” möglich.
Bei allen Diskussionen um die Vermögenssteuer ist zu bedenken, dass eine solche Abgabe wohl nur einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung (weniger als ein Prozent) betreffen dürfte. Diesem Personenkreis stehen verschiedene Möglichkeiten, wie etwa die Beratung durch Experten, zur Verfügung, um die tatsächliche Belastung zu minimieren.
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