Der VIX ist ein Indikator, der die erwartete Schwankungsbreite des S&P500 abbildet. Als solcher bietet der Volatilitätsindex spannende Möglichkeiten für den Handel – sowohl für Prognosen als auch als Basiswert.
Wir wollen heute erklären, wie der Index funktioniert und auf welche vielfachen Arten man ihn einsetzen kann!
- Der VIX gibt die erwartete Volatilität des S&P500 an und drück somit aus, welche Schwankungen man vom Aktienindex erwarten kann
- Der Wert berechnet sich anhand von Optionspreisen und hilft uns, Marktentwicklungen einzuschätzen
- Du kannst den Volatilitätsindex auch über Terminprodukte handeln und so interessante Strategien umsetzen
So funktioniert der VIX
Schwankende Kurse sind ein Grundkonzept unseres Wirtschaftssystems und bilden die Basis für den Handel an der Börse. Preisveränderungen entstehen dabei nicht ausschließlich durch greifbare Kennzahlen wie Angebot und Nachfrage, sondern werden oft von der Stimmung der Marktteilnehmer ausgelöst.
Es ist daher sehr naheliegend zu versuchen, diese Stimmungen zu messen, abzubilden und Vorhersagen zu erstellen. Der Volatilitätsindex “VIX” ist eine solche Prognosemöglichkeit. Er zeigt die zu erwartende Schwankungsintensität an, also wie stark die Auf- und Abbewegungen in der Zukunft ausfallen dürften.
Natürlich sind diese Vorhersagen eher vage und nicht 100 % zuverlässig – könnte man den Markt mit absoluter Sicherheit vorausberechnen, wären allen Händler reich.
Der Volatilitätsindex bezieht sich ausschließlich auf den US-Aktienindex S&P500 (SPX) und wird von der Chicago Board Options Exchange herausgegeben. Der Grund, warum ausgerechnet eine Optionsbörse den Indikator erstellt, ist simpel: Für die Berechnung kommen Optionspreise mit 30 Tagen Restlaufzeit zum Einsatz.
Dabei gilt ein hoher Wert als Zeichen für Unruhe am Markt, während ein niedriger Stand auf eine gesunde Situation mit wenig Unsicherheiten hindeutet. Der Index macht jedoch nur Angaben zur Intensität möglicher Schwankungen. Er gibt keine Auskunft über die Richtung, in die sich die Märkte bewegen werden!
Der Volatilitätsindex VIX zwischen 2008 und 2024. Die Auswirkungen der Finanz- und Covid-Krisen sind gut zu erkennen.
Für solche Prognosen müssen wir den Volatilitätsindex mit dem S&P500 in Verbindung setzen. Das Verhältnis weist dabei eine gegenläufige Korrelation auf. Während eines Bullenmarktes mit Höchstständen des Aktienindizes sinkt der VIX also meist in den Keller; bei Crashs und Krisen geht der Vola-Index hingegen durch die Decke.
Aufgrund seiner einzigartigen Aussagefähigkeit gilt der Index als “Angstbarometer” und “Frühwarnsystem für Börsencrashs”. Neben seiner wichtigen Rolle zu Prognosezwecken ist er zudem auch ein möglicher Basiswert für Termingeschäfte und somit doppelt interessant.
Für andere Märkte wie den DAX (VDAX-NEW) oder Euro Stoxx 50 (VSTOXX) stehen jeweils eigene Volatilitäts-Werte zur Verfügung. An die Bedeutung des VIX bzw. des S&P 500 können sie aber selbstverständlich nicht heranreichen.
Der Volatilitätsindex als Handelsinstrument
Wir können den Volatilitätsindex leider nicht direkt handeln, wohl aber als Basiswert für Termingeschäfte nutzen. Dabei stehen uns zwei verschiedene Produkte zur Verfügung, um von der Volatilität zu profitieren: Futures und Optionen.
Futures auf den VIX
Bei den Futures handelt es sich um unbedingte Termingeschäfte, das heißt: Sie werden zum Ende der Laufzeit immer durchgeführt (bei Optionen hingegen besitzt der Käufer ein Wahlrecht und kann die Ausübung unterlassen, wenn dies für ihn ungünstig wäre).
Es stehen Futures mit unterschiedlicher Laufzeit zur Verfügung. Verfallsdatum ist jeweils der dritte Dienstag eines Monats. Besonders spannend bei Geschäften mit dem Volatilitätsindex als Basiswert ist die sogenannte Terminstrukturkurve: Sie zeigt die Preise aufeinanderfolgender Kontrakte an.
Ein Folgekontrakt ist im Normalfall immer teurer als der aktuelle Future, da durch Lagerkosten, Zinsen, Prognoseunsicherheit und ähnliche Aspekte ein Aufschlag hinzukommt. Eine solche, ansteigende Terminstrukturkurve nennt man „Contango“.
„Contango“-Kurve von vixcentral.com
Das Gegenteil bildet die “Backwardation”: Der Preis eines Folgekontrakts kann vor allem während einer Korrekturphase oder inmitten eines Crashs niedriger sein als der Vorhergehende. Eine solche Preisentwicklung tritt jedoch deutlich seltener auf.
„Backwardation“-Kurve
Sehen wir eine solche, abnehmende Terminstrukturkurve, befinden wir uns schon mitten in einer Talfahrt. Für Schutzmaßnahmen ist es dann in der Regel bereits zu spät. Um Verluste zu vermeiden, müssen wir eintretende Veränderungen rechtzeitig erkennen.
Ein Abflachen der Preiskurve über mehrere Tage ist daher ein wichtiges Anzeichen: Steigen die Kosten für die “vorderen” Futures in der Terminstrukturkurve, besteht eine hohe Nachfrage für Absicherung in naher Zukunft. Dies lässt auf eine baldige Korrektur oder einen möglichen Crash schließen.
Optionen auf den Volatilitätsindex
Optionen sind ebenfalls Termingeschäfte – d. h. ein Handel in der Zukunft. Hier hat der Käufer eines Kontrakts jedoch ein Wahlrecht und kann die Ausübung nach Belieben durchführen oder unterlassen – je nachdem, was sich für ihn mehr lohnt.
Man kann Optionen auf zahlreiche Basiswerte wie Aktien oder Rohstoffe handeln. Auch der VIX kann die Basis für ein solches Geschäft bilden! Im Gegensatz zu Futures kommt hier jedoch ein Multiplikator von 100 zum Einsatz.
Optionen handeln für Anfänger
Theoretische Grundlagen & praktische Tipps
Dabei kannst du sowohl als Käufer als auch als Verkäufer (Stillhalter) einer solchen Option auftreten. Abhängig vom Marktumfeld, deiner persönlichen Strategie und den Parametern einer Option kannst du mit dem Volatilitätsindex attraktive Gewinne erzielen.
Besonders spannend ist dabei die meist gegenteilige Korrelation zum S&P500, die dir zusätzliche strategische Möglichkeiten bietet. Da es sich beim Volatilitätsindex um ein mathematisches Konstrukt handelt, ist keine Lieferung, sondern ausschließlich Cash-Settlement möglich.
Der Ausübungsstil ist zudem immer europäisch, das heißt die Ausübung erfolgt zum Ende der Laufzeit. Daneben ist zu beachten, dass sich die Preise und Deltas der Optionen auf die Futures beziehen. Außerdem ist hier der SKEW-Index verschoben, denn die Calls sind teurer als die Puts.
Denkbar sind zum Beispiel Short Puts, Bull Put Spreads und verschiedene Call Spreads, wenn du einen steigenden Index erwartest. Du kannst jedoch auch von einer fallenden Volatilität profitieren, beispielsweise in Form eines Short Calls.
Dass Vola-Optionen ein sehr lukratives Feld bilden und durch ihre hohe Liquidität einfach zu handeln sind, spricht sich immer weiter herum: in den 2010er Jahren ist die Anzahl an Trades immer weiter gestiegen. Nach einer kurzen Talphase zwischen 2019 und 2022 stellte sich in 2023 ein neuer Rekord ein.
Nach einer leichten Flaute in 2019 bis 2022 stieg die Anzahl gehandelter VIX-Optionen in 2023 auf einen neuen Rekord.
Optionen an Tiefpunkten verkaufen
Um als Stillhalter Gewinne zu erzielen, sind Tiefpunkte nach Korrekturen am Aktienmarkt ideal. Bricht zum Beispiel der S&P500 ein, steigt die Nachfrage für Optionen zur Absicherung, die Volatilität erhöht sich und in Folge auch unsere Optionsprämien.
Ideal ist, wenn wir eine Abwärtsbewegung rechtzeitig identifizieren können. Durch den Verkauf von Short Puts und verwandten Optionsstrategien können wir in kurzer Zeit sehr attraktive Gewinne erzielen, ohne ein zu hohes Risiko einzugehen.
Das Konzept ist denkbar einfach: In Krisenzeiten kaufen Marktteilnehmer verstärkt Optionen zur Absicherung – der VIX steigt. Verkaufen wir nun genau diese Optionen, erhalten wir aufgrund der hohen Nachfrage eine sehr gute Prämie.
Noch besser ist allerdings, wenn wir unsere Optionen am absoluten Tiefpunkt verkaufen. Denn die Aktienkurse erholen sich jetzt und die Volatilität geht stark zurück. Als Stillhalter profitieren wir von diesen Entwicklungen stark, denn unsere Positionen bewegen sich schnell in den Gewinnbereich!
Doch das Erkennen des Tiefpunktes ist keine leichte Aufgabe! Zum Glück kommen uns aber zwei Vorzüge zugute: Zum einen müssen wir als Optionshändler den idealen Zeitpunkt nicht hundertprozentig genau treffen. Wir haben also etwas mehr Spielraum als zum Beispiel beim Aktienhandel.
Zum anderen stehen uns mehrere, nützliche Indikatoren zur Verfügung. Besonders geeignet ist dabei das “VXV-VIX-Ratio”.
Bricht der S&P500 (oben) ein, steigt der VIX (unten). Die Prämien für verkaufte Optionen steigen – und somit unsere potenziellen Gewinne!
Dem Thema „Wie kann man die Volatilität mit Optionen handeln?“ haben wir eine komplette Podcast-Folge gewidmet:
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VIX vs. VXV
Der VXV ist ein weiterer Volatilitätsindex, der über Terminkontrakte mit einer längeren Laufzeit berechnet wird. Während der VIX auf der Volatilität von Optionen mit einer Restlaufzeit von einem Monat basiert, nutzt man für den VXV (auch: “VIX3M”) Optionen mit drei Monaten.
In der Praxis kommt der VXV seltener zum Einsatz, kann aber besonders in Kombination mit dem VIX eine wichtige Rolle spielen. Denn im Normalfall ist der VXV größer als der VIX, da im längeren Zeitraum auch mehr Schwankungen (höhere Volatilität) möglich sind.
Der VXV ist in der Regel größer als der VIX. Diese Abbildung zeigt jedoch die Sondersituation: beide Indizes liegen teilweise gleich auf oder zeigen umgekehrte Werte.
Nähert sich der VXV hingegen dem VIX an oder kehrt sich die normale Preis-Hierarchie sogar um, deutet dies auf Panik am Aktienmarkt hin. Die Marktteilnehmer erwarten in Kürze eine Korrektur und wollen sich durch Optionen absichern. Dadurch steigt die Nachfrage für Kontrakte mit kurzer Laufzeit und in Folge auch der VIX.
Der VXV steigt hingegen weniger stark, da für Optionen mit dreimonatiger Laufzeit weniger Interesse besteht. Für die Absicherung gegen einen baldigen Crash sind solche Geschäfte generell weniger geeignet, denn die Preise über die nächsten drei Monate sind deutlich schwieriger einzuschätzen.
Diese verzweifelten Versuche, noch schnell vor einem möglichen Crash das eigene Portfolio abzusichern, treiben natürlich auch die Preise für Optionen in die Höhe. Somit ist eine solche Situation für Optionshändler interessant und ein genaues Beobachten der Kombination VIX + VXV sinnvoll.
Die Verbindung der beiden Indizes ist damit nicht nur für das Erkennen von Korrekturen geeignet, sondern bietet Einblick in die Meinung der Märkte. Dadurch besteht eine gewisse Ähnlichkeit zum Fear-and-Greed-Index.
Praktische Anwendung: das VXV-VIX-Ratio
Um die Beziehung zwischen den beiden Indizes besser und einfacher darzustellen, können wir sie nun in ein direktes Verhältnis setzen. Dazu teilen wir den VXV durch den VIX. Ist das Ergebnis größer als 1, befinden wir uns in der “Normalsituation”: die langfristigen Optionen sind teurer als die kurzfristigen.
Beträgt das Verhältnis genau 1, liegen beide Indizes gleichauf – ein erstes Zeichen für eine bevorstehende Korrektur. Je weiter die Zahl sinkt, desto mehr verdichten sich die Anzeichen für einen möglichen Crash.
Unsere langjährigen Erfahrungen mit den beiden Indizes haben gezeigt: Ein Wert von 0,9 ist bereits ein verlässliches Warnsignal; ein Wert von 0,8 oder weniger bereits ein starkes und sehr zuverlässiges Zeichen.
Berechnung des VXV-VIX-Ratio: Der längerfristige Index wird durch den kürzer laufenden geteilt.
Dass die Tiefpunkte im VXV-VIX-Ratio eine sehr hohe Aussagekraft haben, zeigt sich immer wieder. Wir haben einige Beispiele zusammengestellt:
Dezember 2018
Im Dezember 2018 bewegte sich das VXV-VIX-Ratio auf einen Wert von 0,8 zu und lies sämtliche Alarmglocken schlagen. Tatsächlich folgte eine ungeahnte Talfahrt von 9 % Verlust für den S&P500 innerhalb weniger Tage – der schlechteste Dezember seit 1931!
Gründe waren der beginnende Handelskrieg zwischen den USA und China, Anzeichen für eine Änderung in der US-Finanzpolitik und eine generell schwache Wirtschaft.
Februar 2018
Auch im Februar 2018 zeigte sich ein sehr deutlicher Missstand im VXV-VIX-Verhältnis von 0,75. Es kam zu einem Kurseinbruch um mehr als 6 % (12 % im Dow Jones!), da eine allgemeine Überbewertung der Märkte und beginnende Inflation aufeinander trafen.
August 2015:
Im August 2015 sank das VXV-VIX-Ratio auf 0,76 und läutete die große Korrekturphase 2015-2016 ein, die den S&P500 direkt zu Beginn mehr als 5 % kostete. Ursachen waren unter anderem die geplatzte Immobilienblase in China, Änderungen in der US-Finanzpolitik und der BREXIT.
Der Volatilitätsindex als Indikator
Nicht ohne Grund hat der Volatilitätsindex Spitznamen wie “Angstbarometer” erhalten: Er gibt uns tiefe Einblicke in den Markt und die Meinungen, Ängste und Hoffnungen der Investoren. Dies macht ihn zum idealen Instrument, um Vorhersagen zu kommenden Entwicklungen zu treffen.
Besondere Aussagekraft entwickelt der Volatilitätsindex aber vor allem in Kombination mit anderen Werten. Wir wollen im Folgenden einige wichtige Verbindungen genauer beleuchten:
VIX-Put-Call-Ratio
Das VIX-Put-Call-Ratio gibt das Verhältnis von gehandelten Put- und Call-Optionen zum Volatilitätsindex wider. Normalerweise kaufen Investoren Put-Optionen auf Aktien oder Aktienindizes, um sich einen Preis zu sichern und so vor Kursverlusten zu schützen.
Der VIX steigt jedoch in solchen Crash-Zeiten an, sodass als Absicherung auch Call-Optionen auf den Vola-Index möglich sind: Während eines Crashs profitieren wir so vom steigenden Index und können eventuelle Verluste an anderer Stelle ausgleichen.
Der steigende Volatilitätsindex während eines Crashs erlaubt es uns, durch Call-Optionen Gewinne zu erzielen.
Entdecken wir eine erhöhte Anzahl an Call-Optionen (mehr Calls als Puts), scheint der Markt mit einem ansteigenden Volatilitätsindex und einem fallenden S&P500 zu rechnen. Liegen hingegen umgekehrt mehr Put-Optionen vor, scheinen die Händler eine gegenteilige Entwicklung, also fallender VIX und steigender SPX, zu erwarten.
Diese Erwartungen sind deshalb interessant, da die Optionen überwiegend von professionellen Tradern und Institutionen ausgehen. Man darf diesen eine hohe Marktkenntnis unterstellen, sodass ihre Aktivitäten für uns besonders interessant sind.
Der Index dient also nicht nur selbst als Indikator für kommende Entwicklungen; auch die Anzahl der auf ihm basierenden Optionen kann uns helfen, die Meinung der Marktteilnehmer abzulesen.
Der VVIX
Steht ein Basiswert für den Optionshandel zur Verfügung lässt sich auch die implizite Volatilität anhand dieser Optionen berechnen: Sie spiegelt das Interesse der Marktteilnehmer an Absicherung wider. Der VIX ist als Basiswert für Optionen nutzbar; somit lässt sich ebenfalls die Volatilität des VIX berechnen.
Es handelt sich also um eine Art “Meta-Volatilität” oder die Volatilität der Volatilität. Dieser VVIX genannte Index wird ebenfalls von der CBOE herausgegeben und stellt das Nachfrageverhalten für VIX-Optionen dar.
Du kannst den VVIX selbst nicht handeln, jedoch für die Analyse der aktuellen Marktlage sehr gut nutzen. Niedrige Werte haben dabei kaum Aussagekraft; steigt der Index jedoch, kann dies auf kommende Tiefpunkte des S&P500 hindeuten.
Wochenansicht des VVIX.
Korrigiert der S&P500, legt in der Regel auch der VIX zu. Dadurch kommt es zu einer höheren Volatilität des VIX und der VVIX, der diese abbildet, steigt ebenfalls an. Insbesondere die Extremwerte sind dabei interessant.
Die natürliche Obergrenze liegt bei etwa 200 Punkten – bei diesem Wert ist die Volatilität derart hoch, dass keine weiteren Steigerungen mehr zu erwarten sind. Ein solcher Extremstand wurde bisher auch lediglich während der Kurseinbrüche im August 2015, Februar 2018 und der Corona-Krise 2020 erreicht.
Bei kleineren Korrekturen sind Werte zwischen 130 und 150 zu erwarten.
Börsencrashs erkennen
Korrigieren die Aktienkurse um mehr als 20 %, spricht man gemeinhin von einem Börsencrash. Diese lassen sich bei Geschäften an der Börse natürlich niemals ganz vermeiden; wenn wir sie rechtzeitig im Voraus entdecken, können wir ihren Schaden aber minimieren oder sogar von ihnen profitieren!
Der VIX eignet sich hervorragend, um einen möglichen Crash frühzeitig zu entdecken. Um den Index als Vorhersageinstrument zu nutzen, müssen wir ihn allerdings mit anderen Indikatoren kombinieren. Eine Möglichkeit ist die Verbindung mit der Terminstrukturkurve.
Wie bereits erwähnt notiert die VIX-Terminstrukturkurve meist in der sogenannten „Contango“-Situation, das heißt: Die nachfolgenden Kontrakte sind immer teurer als die mit kurzer Restlaufzeit.
Daneben gibt es die eher außergewöhnliche Situation der „Backwardation“-Terminstrukturkurve, bei welcher der Frontkontrakt der teuerste ist und die folgenden Preise sinken. Notieren die Volatilitätsindex-Futures in einer Backwardation, ist es in der Regel schon zu spät und die Korrektur ist bereits in vollem Gange.
Gelingt es uns jedoch, die Veränderung von Contango hin zu Backwardation zu erkennen, können wir einen drohenden Crash gut vermeiden. Ein täglicher Blick auf die VIX-Futures hilft uns bereits, Korrekturen des S&P500 vorherzusehen.
Veränderung der VIX-Terminstrukturkurve vor dem Corona-Crash 2020
Natürlich muss eine leichte Veränderung nicht immer zu einem vollständigen Crash führen; die Kurse können sich durchaus wieder erholen und die Volatilität wieder auf einen normalen Wert sinken.
Zeichnet sich jedoch eine Veränderung von Contango hin zu Backwardation in der VIX-Terminstrukturkurve ab, ist es an der Zeit, Long-Positionen zu schließen und eventuell mit dem Hedging zu beginnen …
Gut zu wissen: Nimmt die Terminstrukturkurve des Volatilitätsindex eine Backwardation-Form an, kann ein Bärenmarkt, Korrektur oder ausgewachsener Crash anstehen.
Beziehung zwischen VIX und S&P500
Der Volatilitätsindex bezieht sich ausschließlich auf den wichtigsten US-Aktienindex, anhand dessen Optionen er auch berechnet wird. Dabei ist das Verhältnis der beiden Werte zueinander aber keineswegs statisch!
In den meisten Fällen liegt eine gegenläufige Korrelation vor, das heißt: steigt der eine, sinkt der andere – und umgekehrt. Denn der überwiegende Teil aller Aktien-Investments sind Long-Positionen. Sinken die Kurse an der Börse, sichern sich die Anleger durch Optionen ab und der VIX steigt an.
Steigen hingegen die Aktienpreise, nimmt das Absicherungsbedürfnis ab und der Volatilitätsindex sinkt. Diese Grundregel trifft zu etwa 80 % der Zeit zu, wie eine Untersuchung der CBOE ergeben hat:
Die gegenteilige Korrelation von VIX und S&P500 besteht in etwa 80 % der Fälle. Quelle: CBOE
Die Analyse zeigte auch eine geringfügige Abweichung bei einer sehr niedrigen Volatilität: Liegt der VIX unter 13, beträgt die gegenteilige Korrelation nur noch etwa 70 %. Grund ist die natürliche Untergrenze des Volatilitätsindex bei ungefähr 8 bis 10.
Bei einer derart niedrigen Schwankungsbreite lassen auch steigende Aktienkurse die Nachfrage nach Optionen nicht steigen – die Händler denken zu diesem Zeitpunkt kaum über Absicherung nach.
Besonders spannend sind die verbleibenden 20 %, in denen sich diese Korrelation aufhebt. Wenn beide Werte gemeinsam fallen oder steigen, ist Vorsicht geboten. Daher wollen wir uns diese Szenarien im folgenden genauer ansehen.
Volatilitätsindex und SPX steigen gemeinsam
Steigen die Kurse der S&P500-Aktien, sollte eigentlich die Nachfrage nach Optionen zur Absicherung zurückgehen – der VIX, der auf genau solchen Optionen basiert, müsste also fallen. Ist dies nicht der Fall und beide sowohl Aktien- als auch Volatilitätsindex steigen, wird es interessant.
Ein Anstieg beider Werte über drei Tage ist alle paar Jahre zu finden; 4-tägige Streaks, das bisherige Maximum, gab es zuletzt in den 90er Jahren. Die Frage, die sich Investoren nun stellen, lautet: Was passiert im Anschluss an eine solche Phase?
Zeiten, in denen SPX und VIX gleichzeitig stiegen. Quelle: CBOE
Die Ergebnisse zeigen keine klare Tendenz: In einigen Fällen ist der S&P500 im Anschluss negativ, zu anderen Zeiten positiv. Betrachtet man aber die Handelstage, nachdem der SPX und der Volatilitätsindex an mindestens zwei Tagen hintereinander gestiegen ist, ergibt sich ein eindeutigeres Bild.
Die Entwicklung des S&P500, nachdem der Aktienindex und der VIX mindestens zwei Tage in Folge gestiegen sind. Quelle: CBOE
Im Durchschnitt enden die kommenden 5 Handelstage nach einem gemeinsamen Anstieg mit einem negativen Wert für den SPX. Interessanterweise liegen am fünften Tag nur 47 % des Marktes unter diesem Wert, der gesamte Index fällt aber dennoch um mehr als fünf Punkte!
Dies lässt darauf schließen, dass der S&P500 nach Eintritt der Korrelation selten stark dazugewinnen konnte.
Kunden von Eichhorn Coaching schätzen unsere Tagesanalysen: Wir untersuchen sorgfältig und mit großem Aufwand die wichtigsten Kennzahlen und Indikatoren und stellen diese exklusiv den Mitgliedern unserer Mastermind-Gruppe zur Verfügung. Auch gemeinsame Steigerungen von Volatilitätsindex und SPX spielen dabei eine Rolle.
Wir erfassen „SPX up and VIX up“ dabei jeden Morgen; isoliert betrachtet ist es aber nicht sonderlich aussagekräftig. Tritt es jedoch in Kombination mit anderen Faktoren, wie zum Beispiel einem Fear-and-Greed-Index über 80, auf, liegt ein eindeutiges Warnzeichen vor!
Zudem konnten wir bei unserer langjährigen Arbeit mit dem VIX einen Zusammenhang mit der Höhe des Anstiegs dokumentieren: Je größer der Anstieg, desto deutlicher ist das Signal. Nimmt der Volatilitätsindex um mehr als 5 % zu (gemeinsam mit einem Anstieg des Aktienindizes), ist die Warnung durchaus ernst zu nehmen!
Volatilitätsindex und SPX fallen gemeinsam
Fallen die Aktienkurse des S&P500, sollte eigentlich der Volatilitätsindex steigen. Immerhin ist zu erwarten, dass sich die Anleger gegen die Kursverluste mit Optionen absichern wollen, und diese höhere Nachfrage den optionsbasierten VIX nach oben treibt.
Fallen beide Indizes gleichzeitig, heißt das: Trotz Kursrückgängen im S&P500 betreiben die Händler keine zusätzliche Absicherung. Ein genauer Blick auf solche Zeitpunkte in der Vergangenheit zeigt einige interessante Entwicklungen:
Übersicht von 20 wichtigen Zeitpunkten, zu denen sowohl VIX als auch SPX fielen. Quelle: Macroption; Datenquelle: CBOE
Die 20 größten, gemeinsamen Rückgänge von SPX und VIX zeigen nur sehr geringe Kursverluste am Folgetag. Der S&P500 nahm nur um durchschnittlich 0,07 % ab. Das ist verwunderlich, da man nach großen Verlusttagen eigentlich einen weiteren Rückgang erwarten sollte.
Bei allen Werten war der Volatilitätsindex zudem immer über 20, was eigentlich ebenfalls häufig zu Verlusten im S&P500 führt.
Über die Ursachen für diese kuriose Entwicklung lässt sich nur spekulieren. Ein Grund könnte das “Smart Money” sein, das bereits seine Absicherungen verkauft. Man könnten meinen, dass diese Marktteilnehmer bereits wissen (oder entscheiden), dass die Korrektur nun vorbei ist und nun von einem steigenden Markt profitieren möchten.
Fallender VIX und SPX ist ein Indikator für mögliche Kurseinbrüche. Im Rahmen unserer Tagesanalyse, bei der wir wichtige Kennzahlen exklusiv für die Mitglieder unserer Mastermind-Gruppe untersuchen, spielt dieses Signal eine eher untergeordnete Rolle.
Fällt der Volatilitätsindex allerdings um mindestens 5 % in Verbindung mit einem Rückgang des SPX oder tritt in Verbindung mit anderen “Panikzeichen” auf, werden wir hellhörig. Diese Kombination hat in der Vergangenheit eine hohe Treffergenauigkeit bewiesen.
Ein gutes Beispiel für die Aussagekraft des Signals war die größere Korrekturphase im Jahr 2015. Der Indikator traf das Tief im August 2015 exakt. Dies muss natürlich nicht immer so sein, zeigt aber, dass das Signal einen Platz in der täglichen Analyse verdient.
Tops und Bottoms erkennen
Der Index ist nicht nur geeignet, um einen anstehenden Crash vorherzusagen; wir können auch Tops und Bottoms erkennen und uns entsprechend vorbereiten. Die Funktionsweise ist dabei recht simpel.
Wie bereits erwähnt, bewegen sich der S&P500 und der Volatilitätsindex im Normalfall gegeneinander: fällt der eine, steigt der andere. Da die Long-Positionen die Mehrzahl der Aktieninvestments ausmachen und sich die Marktteilnehmer durch Optionen absichern möchten, ist dieser Vorgang leicht nachzuvollziehen.
Steigt der S&P500 stark an, der VIX bleibt jedoch gleich oder nimmt ebenfalls zu, kann sich ein Top bilden: Der Markt hat den vorläufigen Höhepunkt erreicht und wird (eventuell nach einem längeren Verweilen in diesem Bereich) korrigieren.
Erkennbar ist dieser Vorgang durch den erhöhten Vola-Index. Institutionelle Trader und andere Profis preisen bereits die anstehende Korrekturphase ein und kaufen entsprechende Optionen.
Ein solches Top kann durchaus mehrere Wochen anhalten und viele Investoren an der eigenen Prognose zweifeln lassen. Hier heißt es jedoch ausdauernd bleiben und Hedging-Positionen keinesfalls zu früh auflösen! Kommt die unweigerliche Korrektur dann doch, drohen sonst erhebliche Verluste.
Ein solches Top bildete sich etwa im Januar 2018, hier stieg der S&P500 um ca. 7 % an, während der Volatilitätsindex innerhalb einiger Wochen ebenfalls um mehr als 50 % zulegte:
Dass ein doppelter Anstieg ein wichtiges Warnsignal darstellt, haben wir bereits dargelegt. Tatsächlich kam es auch in diesem Fall zu einer erheblichen Korrektur und der VIX erlebte einen der größten Anstiege in seiner Geschichte. Die Dauer des vorhergehenden Tops dürfte aber doch einige Trader überrascht haben.
Sinkt der S&P500 hingegen, während der VIX ebenfalls abnimmt oder weitgehend gleich bleibt, kann dies auf eine Bottom-Bildung hindeuten. Eine solche Bodenbildung, also eine Stabilisierung der Kurse auf niedrigem Niveau, ergab sich zum Beispiel am Tiefpunkt der Corona-Krise:
Ist der SPX im Keller, der Volatilitätsindex aber weiterhin auf einem hohen Stand, dürfte eine baldige Erholung unwahrscheinlich sein. Aufgrund der Aussagekraft der verschiedenen Bewegungen ist der VIX ein sehr guter Indikator für künftige Bewegungen. Ein täglicher Blick auf den Index kann sich daher durchaus lohnen.
Fazit: VIX als wichtiger Indikator und Handelsobjekt
Die Meinung und Stimmung anderer Marktteilnehmer sichtbar zu machen, ist ein unschätzbarer Vorteil bei Börsengeschäften. Der VIX ermöglicht genau das: Er bildet die Volatilität des S&P500 ab und zeigt so an, welche Schwankungsbreite man erwarten kann.
Dazu erfasst man die Anzahl der Optionen, die auf den Aktienindex abgeschlossen werden und misst somit das Bedürfnis der Händler nach Absicherung. Wer den Volatilitätsindex genau im Blick hat, kann dadurch Korrekturen und Crashs, Tops und Bottoms rechtzeitig erkennen.
Am besten funktioniert dies, wenn du den Index mit anderen Indikatoren in Kontext setzt. Verändert sich etwa das Verhältnis zum VVIX, das Put-Call-Ratio oder andere Warnsignale treten zeitgleich auf, ist es Zeit für Vorsichtsmaßnahmen!
Auch ein Blick auf die Terminstrukturkurve des Volatilitätsindizes kann dabei helfen, Korrekturen rechtzeitig zu entdecken. Verschiebt sich diese hin zur eher seltenen Backwardation, können Kursrückgänge im S&P500 folgen.
Besonders für Stillhalter ist der Index aber auch eine hervorragende Möglichkeit, um Rendite zu erzielen: Du kannst Optionen mit dem VIX als Basiswert verkaufen und so geraden Krisenzeiten profitieren. Denn wenn die Kurse des SPX abrutschen, steigt die Nachfrage nach Absicherungsoptionen.
Bietest du diese an, erwartet dich eine besonders hohe Prämie. Wenn es uns gelingt, solche Optionen am (oder nahe am) Tiefpunkt zu verkaufen, bewegen sich die Kontrakte in der folgenden Erholungsphase schnell in den für uns günstigen Gewinnbereich!
Dadurch ist der Volatilitätsindex gleich doppelt interessant: Er ist ein sehr nützlicher Indikator, der uns vor anstehenden Krisen warnt und gleichzeitig eine lukrative Möglichkeit, von diesen Phasen zu profitieren!
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Der Volatilitätsindex spiegelt die Schwankungsbreite des S&P500 wider. Je höher der Wert, desto mehr Optionen mit den Aktien als Basiswert werden gekauft – ein Hinweis auf mögliche Kurskorrekturen, Krisen und Co.!
Für die Berechnung des Volatilitätsindex erfasst man die Anzahl der Optionen mit 30 Tagen Restlaufzeit auf den S&P500. Sie werden vor allem gekauft, wenn Händler starke Veränderungen erwarten (Krisen, Crashs, Bullenmärkte …)
Der Volatilitätsindex steigt, wenn die Anzahl an gehandelten Optionen auf den S&P500 zunimmt. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Händler eine baldige Änderung erwarten und sich absichern oder Gewinne erzielen wollen.
Der Volatilitätsindex fällt, wenn die Anzahl der gehandelten Optionen auf den S&P500 abnimmt. Ist der Markt stabil und kein Crash, Korrektur oder ähnliches zu erwarten, sinkt die Nachfrage nach Optionen, da keine Absicherung nötig ist.
Hohe Volatilität bedeutet stärkere Schwankungen der Kurse – sowohl Gewinne als auch Verluste sind stärker ausgeprägt. Dies führt in der Regel zu höheren Risiken und Chancen. Ob eine hohe Volatilität gut ist, hängt von deiner Strategie und Zielen ab.
Der Volatilitätsindex auf den S&P500 kann nicht direkt gehandelt werden, du kannst aber Optionen und Futures mit dem VIX als Basiswert abschließen. Auf diese Weise kannst du von Veränderungen der Volatilität profitieren.