Diese Woche ist ein historisches Ereignis passiert, das uns ehrlich gesagt überrascht hat. Noch vor ein paar Wochen haben wir an die These „Bei 0 ist ein harter Boden“ geglaubt. Diese ist nun überholt. Denn der Mai Öl-Future ist gestern bei einem Preis von – $40 (Minus!) aus dem Handel gegangen.
4h Chart im CLK20 (Erdöl WTI Mai Future 2020)
Was ist passiert?
Öl ist bereits seit mehreren Wochen einer der großen Verlierer. Seit Jahresbeginn ist das schwarze Gold extrem unter die Räder gekommen und hat bis zum gestrigen Tag (20.04.2020) bereits 70 % seines Wertes verloren.
Tageschart CL
Im Zuge der schwächelnden Wirtschaft und noch verstärkt durch die Corona-Krise ist die Nachfrage extrem zurückgegangen. Weniger Schiffverkehr, weniger bis keine Flüge und deutlich reduzierte PKW-Nutzung. Laut einem Artikel von Bloomberg ist der weltweite Verbrauch um 1/3 zurückgegangen. Nun reguliert ja bekanntlich Angebot und Nachfrage den Markt. Gibt es weniger Nachfrage, wird in der Regel das Angebot reduziert, so dass sich Preise stabilisieren. Aber hier haben allen voran die arabischen Länder buchstäblich Öl ins Feuer gekippt und ihr Angebot zusätzlich erhöht.
Die Lager platzen aus allen Nähten
Nun gibt es weltweit enorm viele Tanker und sonstige Lager, wo man den Rohstoff auch eine Weile parken kann, bis sich Preisniveaus wieder stabilisieren. Aber aufgrund des großen Angebotes und der sehr schnell abgeflachten Nachfrage platzen diese aus allen Nähten. Es gibt schlichtweg keine Lagerkapazität mehr für Öl.
Mit diesem Überangebot und fehlenden Lagermöglichkeiten sind die Preise extrem gefallen und nun kam das historische Ereignis: Der Mai-Future hat einen negativen Wert erreicht. Das heißt, kaufte man den Future, wurde man dafür bezahlt (!) den Rohstoff zu erhalten. Die Möglichkeit, dass ein Future negativ notieren kann, wurde übrigens bereits ein paar Tage vorher von der CME geprüft.
War das vorherzusehen?
Ganz ehrlich: Wenn uns jemand gesagt hätte, dass ein Future negativ notiert, hätten wir bis zum 20.04.2020 nur darüber geschmunzelt. Dieses Bild müssen wir nun korrigieren.
Dass Öl aber trotz eines Preises von knapp $20 nicht bullisch war konnte man bereits durch die CoT-Daten erkennen. Im Chart seht ihr die Commercial Netto Position und normalerweise steigt diese bei fallenden Preisen an. In Öl war es aber anders, denn obwohl der Ölpreis seit Jahresbeginn um über 70% gesunken ist, haben sich die Commercials verstärkt abgesichert. Sie hatten sogar ein ähnliches Absicherungsniveau wie beim letzten Preishoch von knapp $60.
Somit ist das Ergebnis der Analyse, dass dieses Preisniveau trotz des niedrigen Ölpreises, nicht günstig ist. Wer vorher noch dachte, CoT-Daten hin oder her, aber das ergibt ja keinen Sinn – Dem wurde am 20.04.2020 wieder einmal der extrem hohe Mehrwert dieser Daten gezeigt. Und ganz ehrlich: Als wir diesen Chart am Wochenende in unserem Kundenbereich veröffentlicht hatten, waren wir auch nicht ganz sicher, ob das so stimmen kann. Die Antwort kam aber kurz darauf und beweist einmal mehr, dass diese Informationen eine sehr hohe Relevanz haben.
CoT Commercials Netto Erdöl
Fazit
Der Markt hat wieder einmal bewiesen, dass nichts unmöglich ist. Weder Preise, die sich über Nacht verdoppeln (siehe Erdgas 2018), noch ein negativer Future. Auch wenn man zum gestrigen Tag nicht mehr mit Optionen auf diesen Mai-Future engagiert sein konnte (diese waren zuvor fällig) zeigt sich eines einmal wieder: Alles ist möglich und die einzige „Versicherung“, dass solche Ereignisse nicht zur Vollkatastrophe im eigenen Depot werden, sind für den Optionshändler Spread-Orders.
Wer noch weitere Informationen zu diesem historischen Ereignis sehen möchte, kann gerne auf unserem Youtube-Kanal das aktuelle Video dazu ansehen:
Quellen:
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