Der S&P 500 Index ist seit Anfang dieser Handelswoche um ungefähr 1,7% gefallen. Kein Grund nervös zu werden, denn es handelt sich bei so einem kleinen Verlust wohl eher um ein „Korrektürchen“, statt um eine ausgereifte Krise. Dennoch ist es das größte Luftholen im S&P 500 seit August 2017, damals gingen die Kurse um ca. 3% zurück. Für mich wäre dieses kurze Durchatmen der Kurse eigentlich keinen Blogbeitrag wert, aber seit Trump ist fast jeder Negativtag an den Börsen eine Besonderheit. Händler, die 2017 angefangen haben zu traden, kennen keine größeren Korrekturen mehr. Aufgrund der fallenden Kurse und der steigenden impliziten Volatilität sind wohl die meisten Aktienoptionen diese Woche in den Verlust gelaufen. Bei einem entsprechenden Risikomanagement ist das auch nicht weiter schlimm. Denn durch adjustieren der Positionen, sollten die Verluste wieder ausgleichbar sein. Ich sage aber, dass diese Korrektur vorherzusehen war und deshalb hätte man keine oder nur noch kleine Optionspositionen im Aktienmarkt gehabt haben sollen. Grund hierfür waren einige Anzeichen, die ich anhand meiner Tages- und Wochenanalyse erkannt habe.
S&P 500 schlägt Advance-Decline-Line
Das erste Anzeichen für eine Überhitzung des Marktes gab es bei der Advance-Decline-Line. Bei diesem Trendindikator wird jede Aktie gleich gewichtet, unabhängig von der Marktkapitalisierung. Die Formel lautet: ADC-Linie = (Anzahl gestiegene Aktien – Anzahl gefallene Aktien) + Wert der ADC der Vorperiode. Läuft die ADC-Linie parallel zum Index, so ist dies als Bestätigung des Trends zu interpretieren. Weicht die ADC-Linie dagegen von dem Index ab, so ziehen Aktien mit einer größeren Gewichtung im S&P 500 den Index hoch oder herunter.
Im folgenden Chart erkennt man, dass die Advance-Decline-Line des S&P 500 von Anfang des Jahres bis zum Allzeithoch 4,76% zurückgelegt hat. Der Index hingegen schaffte 7,58%. Dies liegt an der unterschiedlichen Gewichtung der Unternehmen im S&P 500.
Auf der Finviz-Map (Stand 26.01.2018) (https://finviz.com/map.ashx) im unten stehenden Bild sind die einzelnen Aktien nach der Marktkapitalisierung gewichtet. Große Kästen bedeuten eine hohe Marktkapitalisierung und damit einen hohen Einfluss auf den Index.
Man erkennt, dass große Unternehmen wie Google und Amazon den S&P 500 übertroffen haben. Die kleineren Kästchen notieren dagegen häufiger im roten Bereich. Da bei der ADC-Linie die Gewichtung der Aktien keine Rolle spielt, performt der Index aufgrund der starken hochmarktkapitalisierten Aktien besser als die Gesamtbreite des S&P 500. Da sich der Index früher oder später der ADC-Linie anpasst (Mean-Reversion-Effekt), ist mit einer Rückkehr der Überperformance des S&P 500 gegenüber der Marktbreite zu rechnen. Natürlich kann der S&P 500 noch weiter steigen und die ADC-Linie lange outperformen, dies war aber das erste kleine Anzeichen für eine mögliche Korrektur im Index.
Fear-and-Greed-Index steht auf Gier
Der Fear-and-Greed-Index von CNN-Money misst die Gefühle an der Börse und dient als klassischer Kontraindikator. Der Indikator misst die Stimmung an der Börse anhand von verschiedenen Subindikatoren, wie z. B. Momentum, Put-Call-Ratios und der Nachfrage am Anleihenmarkt. Dabei wird der aktuelle Wert mit einem Tacho dargestellt. 0 bedeutet absolute Panik und 100 eine sehr hohe Gier an den Märkten. Da es als Kontraindikator zu verstehen ist, sind Werte unter 20 als Kaufchancen und Werte über 80 wiederum als Gierzeichen und mögliche Hochpunkte im Aktienmarkt zu verstehen.
Am 16.01.2018 markierte der Index einen Wert von 81, was auf eine extreme Gier schließen lässt.
Nachfolgend erkennt man, dass der Index Mitte Januar 2018 häufig an oder nah der Marke von 80 notiert ist.
Ein hoher Fear-and-Greed-Index alleine lässt natürlich nicht auf eine sofortige Korrektur schließen. Dennoch war das für mich ein weiteres Zeichen, dass wir uns in einem extrem gierigen Markt befinden und ein baldiges Luftholen sich anbahnt. Fear-and-Greed-Index findet ihr hier: http://money.cnn.com/data/fear-and-greed/
Niedrige Put-Call-Ratios
Die Put-Call-Ratio ist ein weiterer Indikator für die Anlegerstimmung an den Märkten. Sie wird berechnet indem die Anzahl gehandelter Puts durch die Anzahl gehandelter Calls dividiert wird.
Bei der Total-Put-Call-Ratio der CBOE, der weltgrößten Optionsbörse, werden alle gehandelten Puts und Calls ins Verhältnis gesetzt. Der Mittelwert des Indikators liegt mit 0,9 knapp unter 1. Hohe Werte (über 1,3) lassen auf ein extremes Absicherungsniveau schließen und spiegeln Panik im Markt wider. Niedrige Werte schließen auf eine Gier, da sich kaum ein Marktteilnehmer absichern möchte.
Am 08. Januar bildete sich mit Werten unterhalb der 0,6 ein extrem niedriges Put-Call-Ratio:
Ein niedriges PCR allein zeigt keine Hochpunkte im Markt an. Da sich die niedrigen Werte aber häuften und in Verbindung mit anderen Gierzeichen auftraten, war dies ein weiterer Indikator für eine mögliche Korrektur. Das Total-Put-Call-Ratio lässt sich über die folgende Seite abrufen: http://www.cboe.com/data/current-market-statistics
Neben den Total-PCR unterteilt die CBOE die PCRs in weitere Kategorien. Ich plane zu den einzelnen PCRs noch weitere Blogbeiträge zu schreiben, da diese unterschiedlich zu interpretieren sind. Eine Besonderheit habe ich am 08. Januar festgestellt: Das PCR des VIX, also des Volatilitätsindex des S&P 500, hatte mit 0,09 einen historisch niedrigen Wert. Nach unseren Backtests ist der Mittelwert dieses Indikators bei ca. 0,54.
Da das VIX-PCR als smarter Indikator zu interpretieren ist, gilt dies nicht als Kontra- sondern als Bestätigungsindikator. Hier erwartet also das Smart-Money einen steigenden VIX, denn sie kaufen Calls um von dem Anstieg zu partizipieren. Die PCR könnt ihr über die folgende Seite abrufen: http://www.cboe.com/data/current-market-statistics/cboe-daily-market-statistics
Weitere Anzeichen
Meine Tages- und Wochenanalyse signalisierte mir neben den bereits vorgestellten Indikatoren weitere Anzeichen für eine mögliche anstehende Korrektur. Zum Beispiel haben sich die VIX-Futures abgeflacht und kurzzeitig sogar eine Backwardation gebildet. Daneben ist die Volatilität des S&P 500 angestiegen, obwohl der Index gestiegen ist. Dazu werde ich ebenfalls in naher Zukunft einen Blogbeitrag verfassen.
Fazit
„Im Nachhinein ist jeder schlau“ wird wohl der ein oder andere nun denken. Ich habe mir die Indikatoren aber nicht im Nachhinein so zusammengebastelt, dass ich einen schicken Blogbeitrag schreiben konnte. Auf Twitter (Link: https://twitter.com/Alex__Eichhorn) habe ich auf die Anzeichen einer Topbildung bereits hingewiesen als sie eingetreten sind.
Was habe ich aber gemacht als ich die Anzeichen festgestellt habe? Das Problem bei möglichen Hochpunkten durch Gierzeichen ist, dass die Gier an den Märkten lange herrschen kann. Panik dagegen dauert oft nur wenige Tage. Ich habe also festgestellt, dass sich die Anzeichen für eine extreme Gier häuften. Daraufhin habe ich meine Index-Optionen (im Gewinn) geschlossen. Von Aktien-Optionen bin ich ja bekanntermaßen kein Fan, deshalb hatte ich bis auf ein paar Cash-Secrued-Puts keine davon. Ich war also flat was den Aktienmarkt anging. Zugegebenermaßen war ich ca. zwei Wochen zu früh dran. In dieser Zeit konnte ich nicht (außer im Langfristportfolio) von dem steigenden Aktienmarkt profitieren. Die Gierzeichen sind vom Timing her nicht sehr genau, trotzdem nehme ich lieber Risiko aus dem Konto. Sollte nämlich, wie jetzt eingetroffen, der Aktienmarkt korrigieren, sind meine Short-Puts auf Aktien oder Indizes aufgrund der fallenden Preise und der explodierenden Volatilität sofort knallrot. Nachdem ich die extreme Gier feststellte, waren die möglichen Verluste für mich in keinem Verhältnis mehr gegenüber den möglichen Prämieneinnahmen. So konnte ich die letzten Tage entspannt sein und musste nicht panisch vor dem Bildschirm sitzen. Außerdem habe ich wieder festgestellt, dass meine Analysen des Aktienmarktes funktionieren. Ich habe dadurch zwar kein Geld verdient, bin aber Hektik, Stress und möglichen Verlusten aus dem Weg gegangen, was am Ende die Rendite steigert.
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Schöner Artikel, hätte ich das bloß eine Woche vorher gewusst 😉
Hallo Herbert,
danke für dein Feedback und ja, hinterher ist man immer schlauer 😉
VG Alex
Tolle Seite mit sehr vielen interessanten Artikeln.
Wo kann man sich eigentlich die Advance-Decline-Line des S&P 500 anschauen? Hatte bei meiner im Web leider keinen Erfolg.
Hallo Stefan,
die ADC findest du unter folgendem Link: https://www.marketinout.com/chart/market.php?breadth=advance-decline-line
Grüße Alex